Donnerstag, 30. April 2015

Rhabarber einmal ganz anders: Filet Mignon mit Rhabarber und Mairübchen

Eigentlich zählt Rhabarber botanisch gesehen zu den Gemüsen. Trotzdem wird er eher wie Obst zu Süßspeisen wie Kompott, Eis, Kuchen, Panna Cotta, Grütze, etc. verarbeitet. Dabei hat Rhabarber, pikant als Gemüse oder mit anderen Gemüsen kombiniert oder als Salat durchaus seinen geschmacklichen Reiz.
Diese herzhafte Variante, Rhababer geschmort mit Mairübchen fand ich ausnehmend gut. Mit dem  feinen, leicht süßlichen und dabei dezent rettichähnlichen Geschmack der Mairübchen harmoniert die fruchtige Säure des Rhabarbers hervorragend.
Speiserhabarber wird im Prinzip in zwei Gruppen aufgeteilt: Rote Sorten und grüne Sorten. Zu den roten Sorten gehören u.a. der Himbeerrhabarber Frambozen Rood, mit fruchtig-süßlichem Aroma und roten Stängeln, Red Valentine, eine rotfleischige Züchtung aus Kanada mit säuerlichem Geschmack und der Klassiker aus Deutschland Holsteiner Blut mit roten Stielen. Bekannte grüne Sorten, bei denen das grüne Fruchtfleisch überwiegt, sind die grüne Riesensorte Goliath mit bis zu 90 cm Wuchshöhe, Rosara, grünes Fruchtfleisch in einer zart-rosa Hülle und The Sutton, eine Rarität aus England zur Hälfte rot und zur Hälfte grün.
Zu welcher roten Sorte mein Rhabarber gehört, weiß ich nicht ganz sicher. Meine Gemüsehändlerin Pepa wird schon nervös, wenn ich sie frage, ob sie Rhabarber bekomme, denn der ist in Spanien fast so selten wie ein Sechser im Lotto. Wenn ich dann auch noch eine bestimmte Sorte haben wollte, bekäme Pepa sicher eine Krise. Vom fruchtig-süßlichen Aroma, das die roten Stangen hatten, schließe ich auf Himbeerrhabarber.

Filet Mignon mit Rhabarber und Mairübchen
600 g Schweinefilet
2 EL mildes Olivenöl nativ extra
2 Schalotten
1 Zweig Thymian
1 Lorbeerblatt
Meersalz
weißer Pfeffer aus der Mühle
1 TL Butter
1/8 l trockener Weißwein
Für das Rhabarber-Mairübchen-Gemüse:
8 kleine Mairübchen (Navets)
3-4 Stangen Rhabarber (am besten den roten Himbeerrhabarber)
1 TL Butter
2 EL mildes Olivenöl nativ extra
1 TL Puderzucker
Meersalz
2-3 Zweige Kerbel oder Blattpetersilie
Fleur de Sel

Die Mairübchen mit dem Sparschäler dünn abschälen und vierteln. Die Rhabarberstangen ungeschält in circa 2 cm lange Stücke schneiden.

In einer Kasserolle  Butter und  Olivenöl erhitzen. Die Mairübchen im heißen Fett rasch von allen Seiten anbraten. Mit Puderzucker und Salz würzen. Circa 1/8 l Wasser angießen und die Rübchen bei schwacher Hitze garen, bis die Flüssigkeit fast ganz verkocht ist. Für die letzten 4-5 Minuten die Rhabarberstücke zufügen. Der Rhabarber sollte möglichst nicht zerfallen.

Den Backofen auf 200ºC vorheizen.
Das Schweinefilet in dicke Scheiben schneiden. Die Schalotten häuten und fein hacken. Olivenöl in einer Pfanne erhitzen. Die Filetstücke im heißen Öl auf jeder Seite 2-3 Minuten goldbraun anbraten. Salzen und pfeffern. Schalotten, Thymian und Lorbeerblatt zugeben. In den vorgeheizten Backofen schieben und circa 7-8 Minuten backen.

Filets aus der Pfanne nehmen, auf einen Teller legen und zugedeckt im noch warmen, aber ausgeschaltete Backofen warmhalten.

Die Bratflüssigkeit in der Pfanne mit etwas Weißwein loskochen. Ein Stückchen Butter unterrrühren.

Zum Servieren das Rhabarber-Mairübchen-Gemüse auf einen Teller legen. Je ein Filet Mignon darauf legen. Mit der Bratflüssigkeit begießen und mit Kerbelblättchen und etwas Fleur de Sel bestreuen.

Dazu gab es bei uns als Beilage Petersiliengraupen.







Mittwoch, 29. April 2015

Spargelzeit: Mousse aus grünem Spargel mit gerösteten Haselnüssen

Die Idee zu diesem Spargelmousse stammt aus Katharina Seisers Blog Esskultur. Mit ein paar kleinen, den Gegebenheiten angepassten Änderungen, habe ich die Mousse noch in der Nacht zubereitet. Ein mitternächtlicher Kochevent, sozusagen. Katharinas Spargelmousse ist weiß, meines grün. Den grünen Spargel hatte ich heute zufällig gekauft. Bis morgen warten wollte ich nicht. Weißen einheimischen Spargel bekomme ich ohnehin nur auf dem Wochenmarkt. Und der ist nur samstags. Deutschen weißen Spargel gibt es zwar auch im deutschen Laden. Doch der kostet zum einen stolze 24 Euro pro Kilo und zum anderen, warum soll ich in Spanien deutschen Spargel kaufen, wenn wir ausgezeichneten einheimischen, weißen Spargel aus Navarra oder Jaén haben?  Haselnüsse habe ich eigentlich immer im Haus, ebenso wie Mandeln und Walnüsse. Also machte ich mich ans Werk, besser gesagt an die Spargelmousse.
Ehrlich gesagt, ich war ein wenig enttäuscht von dieser Spargelmousse. Sie schmeckte mir zu sanft. Und das, obwohl ich den von Haus aus wesentlich kräftiger schmeckenden, grünen Spargel verwendet hatte. Fad will ich nicht sagen, denn die Kombination von feiner Spargelmousse mit den gerösteten Haselnüssen gefiel mir sehr gut. Doch irgendetwas fehlte nach meinem Geschmacksempfinden an dieser Mousse als solcher. Meine grüne Spargelmousse,  mit frisch gemachtem Basilikumöl ist deutlich aromatischer.

Mousse aus grünem Spargel mit gerösteten Haselnüssen
500 g grüner Spargel
1 TL Meersalz
3 Blatt weiße Gelatine
50 ml Sauerrahm
100 ml Sahne
Meersalz
frisch gemahlener Pfeffer
etwas Zitronenabrieb
1 Zitrone
Haselnussöl
Für die Dekoration:
2 EL Haselnüsse
1 TL mildes Olivenöl nativ extra
eventuell Wildkräuter
Maldonsalz oder schwarzes Hawaiisalz

Spargelspitzen knapp abschneiden. Die dicken Enden der grünen Spargel abschälen. Harte Teile abbrechen. Die Stangen in circa einen halben Zentimeter dicke Scheiben schneiden.

Einen halben Liter Wasser mit 1 TL Meersalz aufkochen. Zuerst die Spargelspitzen im kochenden Salzwassser 30-60 Sekunden blanchieren, je nach Dicke. Mit einem Schaumlöffel herausnehmen, eiskalt abbrausen und gut abtropfen lassen.

Nun die Spargelscheiben ins kochende Wasser geben und bei mittlerer Hitze circa 8-10 Minuten weich kochen. Mit dem Schaumlöffel herausnehmen und in einem Sieb abtropfen lassen. 6 EL Spargelkochwasser abnehmen. Im restlichen Spargelwasser die Schalen 10 Minuten auskochen für eine künftige Spargesuppe.

Gelatine in kaltem Wasser einweichen. Spargelscheiben mit dem Pürierstab sehr fein pürieren. 6 El Spargelwasser in einem kleinen Topf wieder erhitzen. Die gut ausgedrückte Gelatine im heißen Spargelwasser auflösen. Unter den pürierten Spargel rühren. Mit Salz, weißem Pfeffer und etwas Zitronenabrieb würzen. In den Kühlschrank stellen.

Wenn die Masse anfängt zu stocken, die Sahne nicht ganz steif schlagen. Zunächst den Sauerrahm unter die Spargelmasse rühren, dann die Sahne. Noch einmal mit Salz, Pfeffer und etwas Zitronensaft abschmecken. In Gläser verteilen und mindestens 4 Stunden - besser über Nacht - kühl stellen.

Die Spargelspitzen längs halbieren. Mit Haselnußöl, Salz und etwas Zitroensaft mindestens 1 Stunde marinieren.

Vor dem Servieren die Haselnüsse grob hacken. In 1 EL mildem Olivenöl kurz anrösten. Spargelspitzen, Haselnüsse und eventuell frische Wildkräuter auf und um die grüne Spargelmousse verteilen.Mit ganz wenig Haselnussöl beträufeln und mit Maldonsalz oder mit schwarzen Hawaïisalz bestreuen.





Freitag, 24. April 2015

Tierfreitag: Kichererbsensalat mit Rote Bete, Birnen, Rosinen und Rettichsprossen


Bei uns sind die Temperaturen auf über 20ºC gestiegen. Allmählich geht wieder die Zeit der nahrhaften Salate los, die das warme Mittagessen ersetzen. Auf dem Wochenmarkt gab's frische Rote Bete und saftige Birnen. Vorgekochte Kichererbsen ruhten im Gefrierfach. Mit Rettichsprossen hatte ich gerade einen ersten gelungenen Versuch gemacht.
Rote Bete sind in Deutschland eher ein klassisches Wintergemüse. Nicht so im Süden Spaniens. Dank der milden Winter, werden Rote Bete im Spätherbst oder zu Winteranfang ausgesät. Im Frühjahr und Frühsommer kann man sie dann ernten.
Rote Bete (Beta vulgaris) sind eng mit Mangold verwandt. Die ursprüngliche Wildform beider Pflanzen stammt ziemlich sicher aus dem Mittelmeerraum, möglichweise war es die Meerestrandrübe (Beta vulgaris L. subsp. maritima) oder Seemangold in den Küstenregionen Nordafrikas.
Vermutlich kannten schon die antiken Griechen Rote Bete. Ganz klar ist das aber nicht. Denn in der Benennung wurde nicht deutlich zwischen Rote Bete und Mangold unterschieden. Der griechische Gott Apollo habe Rote Bete bei manchen Festen auf silbernem Geschirr gereicht. Man hielt das Gemüse für einen Jungbrunnen. Allerdings wird es sich dabei eher um die Urform der Rote Bete, die Meerestrandrübe gehandelt haben, und nicht um die rote Knolle, die wir heute kennen. Die Römer brachten Mangold und Rote Bete in unsere Gefilde. Das ist durch archäologische Ausgrabungen in römischen Kastellen nachgewiesen.
Im Mittelalter waren Rote Bete sowohl in Form und Farbe noch recht abwechslungsreich: Es gab sie plattrund, kugelrund, zylinderförmig oder lang gestreckt in den Farben Weiß, Gelb und Hellrot.In mittelalterlichen Schriften wird wiederholt der Anbau von Beta erwähnt, wobei damit sowohl Mangold als auch Rote Bete gemeint sein können. Erst im 16. Jahrhundert wird die Kultur von Roten Beten auch durch Abbildungen eindeutig belegt. Danach tauchte sie in England und Deutschland auf. Die durch und durch rote Knolle, die wir heute kennen, entstand erst durch Züchtungen im 19. Jahrhundert.
Für viele sind Rote Bete ein ungeliebtes Gemüse, das sie Rote Bete aus ihrer Kindheit nur als unangenehm weich gekochten und süßsauer eingelegten, kalten Kompottersatz kannten. Doch längst hat die Rote Bete sich zu einem kulinarischen Hit gemausert, der auch in Sterneküchen längst Einzug hielt. Mit ihrem süßlich, leicht erdigen Geschmack, ist die Rote Bete für viele Zubereitungsarten geeignet. Wer die Zeit und die Lust hat, Rote Bete im Backofen zu garen, statt sie wie üblich in viel Wasser zu kochen, hat noch ein ganz besonderes Geschmackserlebnis.Ob roh, gekocht oder gebraten, als Beilage, püriert als Sauce oder Suppe, – Rote Bete passen zu vielem. Sie vertragen kräftige Gewürze genauso gut wie die Kombination mit Schärfe oder Süße. Verbindungen von Roten Bete mit Orangen, Birnen oder Fenchelknolle, sind kulinarisches Highlights.
Daß die hohe Konzentration des Glykosids Betanin , das ist der Farbstoff in den Rote Bete, wirklich stark färbt, sieht man an den rosa Kichererbsen. Obwohl ich die Rote Bete erst zum Schluß mit dem Salat mischte, färbten sie alles rosarot. Als E162, ein Naturfarbstoff für Lebensmittel, kennt man das Betanin auch.
Kichererbsensalat mit Rote Bete, Birnen, Rosinen und Rettichsprossen
200 g kleine rohe Rote Bete
500 g gekochte Rote Bete
200 g gekochte Kichererbsen
2 feste Birnen
Für die Sauce:
3 Zweige Zitronenthymian
3 Zitronen
1/2 marokkanische Salzzitrone (hier steht das Rezept)
1-2 TL Sirup von den Salzzitronen
2 Schalotten
50 g Rosinen
3-4 EL mildes Olivenöl nativ extra
Meersalz
frisch gemahlener, bunter Pfeffer
Rettichsprossen

Die gekochten Rote Bete schälen und in kleine Würfel schneiden. Die rohen Rote Bete ebenfalls schälen und in feine Scheiben schneiden und dann in feine Streifen (Julienne). Sofort in kaltes Wasser legen. Birnen schälen, vierteln, das Kerngehäuse entfernen. Die Birnenviertel in feine Scheiben schneiden. Sofort in eine Schüssel legen und mit dem Saft von zwei Zitronen beträufeln.

Für die Sauce die Schalotten häuten und fein hacken. Das Fruchtfleisch der Salzzitrone entfernen. Die Schale in kleine Würfel schneiden. Alles in eine kleine Schüssel geben. Den Saft der dritten Zitrone und die abgestreiften Thymianblättchen hinzufügen. Salzen, pfeffern, das Öl und etwas von dem Salzzitronensirup unterrühren.

Rote Bete Würfel, Kichererbsen, Rosinen, abgetropfte Birnenscheiben und Rote Beten Streifen in eine Schüssel geben. Mit der Sauce beträufeln, vorsichtig aber gut mischen. Zum Schluß mit den Rettichsprossen bestreuen.

Mittwoch, 22. April 2015

Gewürze in meiner Küche: Sternanis

Der Echte Sternanis (Illicium verum), auch Badian oder Chinesischer Anis genannt, ist eines der beliebtesten Gewürze bei unseren heimischen Weihnachtsbäckereien.  Nicht nur, weil man den würzigen Duft des Sternanis gern mit Weihnachten assoziiert, sondern auch weil die Samenkapsel mit ihrer Sternenform so gut zu Weihnachten passt. Doch Sternanis kann viel mehr, als nur weihnachtliche Gefühle zu erzeugen. Mit seinem warmen, kräftig anisartigen Aroma und der überraschenden Zitrusnote, ist Sternanis ein ausgezeichnetes Gewürz für herzhafte Gerichte mit Geflügel, Fisch, Meeresfrüchten, Wild, Rotkraut, Sauerbraten und Gemüse. In Europa wird das viel zu wenig genutzt. Ganz anders in China, wo Sternanis in der Küche eine sehr wichtige Rolle spielt.
China, genauer gesagt Südchina, ist auch die ursprüngliche Heimat des Sternanis. Der immergrüne Sternanis-Baum, er sieht der Magnolie ein bißchen ähnlich, kann bis zu 10 Metern hoch werden. Aus den weißen oder rotweißen Blüten entstehen die Früchte. Diese so genannten Balgfrüchte haben acht sternförmig angeordnete Taschen mit jeweils einem glänzend braunen Samenkorn. Sie werden unreif geerntet. Beim Trocknen nehmen sie eine rostbraune Farbe an. Einzelne Früchte können gelegentlich auch mehr als acht Zacken haben. Der jährliche Ertrag eines ausgewachsenen Baumes beträgt etwa 30-40 kg. Auch heute noch ist das wichtigste Anbaugebiet für Sternanis Südostasien: Südchina, Japan, Vietnam, Hinterindien, die philippinischen Inseln und Jamaica.

Nach Europa kam das Gewürz Sternanis erst sehr spät. Zwar soll Marco Polo schon Ende des 13. Jahrhunderts Sternanis aus China mitgebracht haben, doch bekannt wurde Sternanis dann erst gut 300 Jahre später. 1588 soll der Engländer Sir Thomas Cavendish eine Schiffsladung voll Sternanis von den Philippinen mit nach London gebracht haben. Englische Köchinnen waren die ersten, die Sternanis als Gewürz für Marmeladen, Kompotte, Liköre und traditionelle Gerichte verwendeten. Am russischen Hof wurde Sternanis bereits im 17. Jahrhundert als Gewürz geschätzt - besonders als Geschmackszutat für Tee. Das lässt vermuten, daß das Gewürz auch auf Karawanenwegen quer durch Asien, Russland und  Arabien nach Europa transportiert wurde. In Deutschland kennt man Sternanis als Gewürz erst seit Ende des 18. Jahrhunderts.
Sternanis ist neben Szechuanpfeffer, Cassiazimt, Fenchel und Gewürzenelke unverzichtbarer Bestandteil des traditionellen chinesischen Fünf-Gewürze-Pulvers zu finden, das die fünf Geschmäcker der chinesichen Küche verkörpert: Süß, bitter, sauer, salzig und Umami. Auch Pfefferkuchengewürz sowie Currymischungen besonders aus Malaysia und Sri Lanka enthalten Sternanis. In der indischen Küche ist Sternanis bei bestimmten Currys und Tarkas nicht wegzudenken. Für die Pho, die traditionelle vietnamesische Wunder-Suppe, ist Sternanis unbedingt erforderlich. Sternanis enthält mit rund 9% wesentlich mehr ätherische Öle als der heimische Anis, der nur 3% enthält. Daher ist Anisöl viel teurer als Sternanisöl. Wohl deshalb wird für die Herstellung von Pastis und anderen Anislikören heute oft die preiswertere Variante Sternanisöl statt des teureren Anisöls verwendet.


Vor ein paar Jahren, ich glaube es war 2005, kam es zeitweise zu Lieferschwierigkeiten von Sternanis. Die halbe Welt war in Panik wegen der Vogelgrippe. Angeblich sollte nur das Mittel Tamiflu® dagegen helfen. Eines der wichtigsten Bestandteile dieses Influenzagrippemittels ist Sternanis. Als Wirkstoff dient die aus dem Sternanis gewonnene Shikimisäure. Dem Vernehmen nach hat sich im Herbst 2005 der Handelspreis von Sternanis innerhalb eines Monats verdoppelt, da der pharmazeutische Unternehmer Roche für die Produktion von Tamiflu® rund 90 Prozent der Ernte von Sternanis aufgekauft hat. Nachdem sich die Angst vor der Vogelgrippe wieder gelegt hat, gibt es offenbar keine Lieferschwierigkeiten mehr. Die Pandemie Vogelgrippe kam auch nicht.

Noch ein Tipp:
Sternanis duftet ähnlich wie unser Doldenblütler Anis, ist aber botanisch nicht mit ihm verwandt. Das Aroma und der Geschmack sind wärmer, voller, feuriger und schwerer. Sternanis gibt es gemahlen oder als ganze Sterne zu kaufen. Das gemahlene Gewürz verliert jedoch sehr schnell sein Aroma. Ganze Sternanise hingegen, sind gut verschlossen sehr lange haltbar. Sternanis ist ein sehr intensiv schmeckendes Gewürz. Also nicht zu viel nehmen. Sternanis kann man einfach im Ganzen mitgaren. Wenn weniger als ein Stern benötigt wird, einfach einzelne Zacken abbrechen. Sternanis kann wegen seiner dekorativen Form mitserviert, aber nicht mitgegessen werden. Für die Weihnachtsbäckerei oder selbst gemachtes Currypulver löst man die Samen aus den Zacken und zerstösst sie am besten frisch im Mörser. Das ätherische Öl Anethol, das im Sternanis enthalten ist, befindet sich vor allem in den Fruchtkapseln, nicht in den eigentlichen Samenkörnern. Deshalb werden diese mitverwendet oder auch mitgemahlen. Das Gewürz verträgt sich gut mit anderen Gewürzen, wie Pfeffer, Szechuanpfeffer, Nelken, Ingwer, Zimt, Chili, Ingwer, Vanille und Zitronenschale.
Sternanis passt nicht nur zu Süßspeisen oder zur Weihnachtsbäckerei, zum Punsch, Glühwein oder Likör, sondern auch ganz hervorragend zu Suppen, z.B. Hühner- und Fischsuppe, Wildgerichten, Sauerbraten, zu Wurzelgemüse, Kürbis und Lauch, zu Fisch und Meeresfrüchten. Sehr interessant schmeckt Sternanis auch in der Kombination mit Tomaten und Karotten oder zu Rotkraut.
Rotkrautflan mit Äpfeln - orientalisch gewürzt
1 kleiner Rotkrautkopf
1-2 Äpfel
1 rote Zwiebel
ca. 40 g frisch geriebener Parmesan
3 EL Sonnenblumenöl
2 EL Butter
Milch
Mehl
grüne Anissamen
Sternanis
Gewürznelken
Zimt
Sherryessig
Orangensalz
schwarzer Pfeffer aus der Mühle

Rotkraut vierteln und in Julienne (feine Streifen) schneiden. In ein Sieb geben und kurz abbrausen. Reichlich Wasser mit Orangensalz, Sternanis, Nelken und einem Schuß Sherryessig  in einem Topf aufkochen. Rotkrautjulienne darin circa 30 Minuten kochen. In ein Sieb schütten und gut abtropfen lassen. Den Saft auffangen. Gewürze herausfischen.

Inzwischen die Zwiebel häuten und in feine Würfel schneiden. Äpfel vierteln, Kerngehäuse entfernen, Viertel in feine Schnitze schneiden. Ein paar Sternaniskörner, 1-2 Nelken und Anissamen im Mörser fein zerstoßen.

Zwiebelwürfel in heißem Sonnenblumenöl bei milder Hitze anschwitzen. Apfelschnitze zufügen und circa 10 Minuten sanft schmoren. Abgetropfte Rotkrautstreifen und Gewürze zufügen und zugedeckt weitere 8-10 Minuten mitschmoren

Inzwischen aus Butter, Mehl und Milch eine Béchamel zubereiten. Mit Orangensalz und Pfeffer abschmecken. Rotkohlstreifen fest in eine kleine Flanform pressen. Dann auf einen Teller stürzen. Mit der Béchamel beträufeln und mit geriebenem Käse bestreuen.

 Noch mehr Rezepte mit Sternanis:

Himmel und Erde ganz andalusisch

Indische Linsen Tarka Dal

Panna Cotta aus Erdbeeren mit Gewürzrhabarber


Montag, 20. April 2015

Mittelmeerküche: Pikante Tintenfische mit Mangold und Kirschtomaten

Manche gastronomischen Unsitten sind einfach nicht auszurotten. So z.B. der Ratschlag, Tintenfische oder die zarten Moscardini circa 1 Stunde zu köcheln, bis sie schön weich würden. Was man erhält, wenn man Tintenfische eine Stunde köchelt, hat eher die Konsistenz weißer, gekochter Autoreifen. Zart sind sie ganz bestimmt nicht mehr. Selbst von renommierten Köchen hört man das immer noch und in Kochbüchern, auch denen neueren Datums, liest man es.
Tintenfische müssen nicht butterzart sein, sondern auf den Punkt gegart. D.h. zart, aber nicht labbrig weich. Das gilt auch für Fleisch. Ob die Sucht der deutschen Esser, alles butterzart haben zu wollen, damit zusammenhängt, daß angeblich jeder zweite Deutsche über 30 nicht mehr alle seine eigenen Zähne haben soll? Oder sollte es daran liegen, daß man sich schon lange daran gewöhnt hat, nur die "Filetstücke" vom Fleisch zu essen und alles was Knorpel, Schwarte oder festeres Fleisch hat, links liegen zu lassen? Zumindest mich und den besten Testesser samt seiner Liebsten würde es nicht begeistern, wenn das Fleisch " quasi butterzart auf der Gabel zerfällt". Das nennen wir verkocht. Vielleicht weil wir alle drei unsere eigenen Zähne noch haben.
Bei Fleisch ist es wie bei Fisch und Meergetier: Bei jedem Tier gibt es zarte und weniger zarte Teile. Kalamare gehören aber nun mal zu den Teilen, die nicht "butterzart" werden, sondern immer etwas Biss haben. Wer butterzarte Kalamare will, müsste sie verkochen. Was gar nicht so einfach ist. Denn je länger man Kalamare kocht, desto härter und zäher werden sie. Eier werden ja auch nicht weicher, wenn man sie eine Stunde kocht. Als Grundregel gilt, Tintenfische werden kurz gebraten, gegrillt oder frittiert und etwas länger geschmort. Aber nicht läger als 30 Minuten. Ich habe es ausprobiert.
Pikante Tintenfische mit Mangold und Kirschtomaten
750 g kleinere, küchenfertige Tintenfische (2-3 pro Person), Calamares auf Spanisch
200 g Kirschtomaten
4 rosa Knoblauchzehen
500 g Mangold
1/4 l trockener Weißwein
1 TL Fenchelsamen
2-3 kleine, rote Chilischoten oder 1/4 TL Birdeye Chilis
2 Zweige Basilikum
Meersalz
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
4-6 EL Olivenöl nativ extra

Knoblauch häuten und in feine Scheiben schneiden. Die Mangoldstiele abtrennen und in Streifen schneiden. Mangoldblätter ebenfalls in Streifen schneiden.

Wer die Kalamare küchenfertig kauft, spart sich das Putzen. So schlimm ist es aber gar nicht. Man greift mit zwei Fingern ins Innere der Tube und zieht den gesamten Inhalt vorsichtig heraus. Dann spült man die Tintenfischtube unter fließendem Wasser gründlich aus. Von den herausgezogenen Innereien des Tintenfischs schneidet man den Kopf samt Augen ab, stülpt mit einem Finger vom Kopf her den Schnabel (die Kauwerkzeuge) heraus, und schneidet sie ebenfall ab. Zum Schluß zieht man die dünne, lila Außenhaut komplett ab. Ob man die "Flügel" der Kalamare abtrennt oder nicht, ist Ansichtssache. Vor dem Anbraten trocknet man die Kalmare mit Küchenpapier gut ab.

In einer tiefen Pfanne die Hälfte des Olivenöl erhitzen. Im heißen Öl bei schwacher Hitze zuerst die  Knoblauchscheibchen 2-3 Minuten anschwitzen. Dann die Kirschtomaten und die Mangoldstiele, den Fenchelsamen und die Chilischoten zugeben und weitere 3 Minuten anschwitzen. Mit Weißwein ablöschen und zugedeckt circa 6-8 Minuten sanft köcheln. Zum Schluß die streifig geschnittenen Mangoldblätter zugeben. Mit Salz und Pfeffer würzen und in 4-5 Minuten mehr zusammenfallen lassen, als kochen.

Während das Gemüse gart, das restliche Olivenöl in einer zweiten Pfanne erhitzen.  Die geputzten Kalamare im heißen Öl von beiden Seiten kurz anbraten. Dann die Hitze reduzieren und die Kalamare circa 4-5 Minuten schmoren. Dabei dabei reduzieren sich die Kalamare um fast ein Drittel und geben viel Flüssigkeit ab.

Die Kalamare auf das Gemüse legen. Wer möchte, kann auch die Flüssigkeit zugeben. Zugedeckt noch 5 Minuten simmern lassen.

Dazu schmeckt körnig gekochter Camarguereis.






Freitag, 17. April 2015

ZEIT Kochtag - So isst Deutschland

Am 17. April 2015 wird in ganz Deutschland gekocht. Auf einem bundesweiten Aktionstag sollen Restaurants, Hotels, Vereine, Volkshochschulen, Hobbyköche, mit anderen Worten möglichst viele Menschen, dazu angeregt werden, unter dem Motto "So isst Deutschland" etwas zu kochen und sich mit ihrem Essen bewusst auseinanderzusetzen. Auf zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen, von Show-Kochen über Kochkurse, Kräuterschule, etc. von Hamburg bis zum Bodensee darf öffentlich gekocht, über Essen und Ernährung diskutiert und privat der Kochlöffel geschwungen werden. Mehr als 250 öffentliche Veranstaltungen rund um die Themen Kochen, Ernährung und Genuss werden in ganz Deutschland stattfinden. Die Zahl der privaten Köchinnen und Köche, die sich mit ihrem Menu angemeldet haben, ist erfreulich groß. Die Idee zu dieser Veranstaltung hatte die Wochenzeitung Die Zeit.
Die Zeit schreibt dazu:
"Wer gutes Essen schätzt, gerne selbst kocht und sich ausgewogen ernähren möchte, der ist in Deutschland eigentlich gut aufgehoben: Eine Vielzahl kulinarischer Traditionen spiegelt sich in der deutschen Esskultur wider. Hochwertige Lebensmittel sind überall und jederzeit verfügbar.

Doch trotz dieser guten Voraussetzungen kann man den Eindruck gewinnen, dass den Deutschen ihre Ernährung nicht besonders am Herzen liegt. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern geben wir für unsere Lebensmittel sehr wenig Geld aus. Hauptsache billig und viel, so scheint manch ein Konsument zu denken. Und gerade wer berufstätig ist, findet häufig gar nicht die Zeit, sich über das, was er zu sich nimmt, lange Gedanken zu machen. Das Bewusstsein für regionale und saisonale Unterschiede geht dabei zusehends verloren. Mit dem ZEIT Kochtag, der am 17. April 2015 erstmalig stattfindet, wollen wir ein Zeichen gegen diese Entwicklung setzen. In ganz Deutschland wollen wir die Menschen dazu anregen, selbst zu kochen und sich mit ihrem Essen bewusst auseinanderzusetzen."


So eine lobenswerte Initiative unterstütze ich selbstverständlich gern. Passend zur Jahreszeit habe ich ein leichtes Frühlingsmenu zusammengestellt. Nur Gemüse, Früchte und Kräuter, die gerade Saison haben, werden verwendet. Sämtliche  Zutaten sind überall erhältlich. Die Rezepte sind nicht allzu schwierig.

Terrine mit Frühlingsgemüse und grünem Spargelkrönchen
1 Bund grüner Spargel
100 g Dicke Bohnenkerne
1 kleine Fenchelknolle
2 Tomaten
100 g gepahlte Erbsen
1 kleine Zucchini
4 Stengel Basilikum
1 Schalotte
300 ml Gemüsebrühe
100 ml Weißwein
3 Blatt weiße Gelatine
Zitronensalz
Piment d'Espelette
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
(ausreichend für etwa 8 Ramequins von  0,1 ml Inhalt)

Von den grünen Spargeln die Spitzen so abschneiden, daß sie circa 2 cm länger sind als die Ramequins hoch.  Die Spitzen mit einem sehr scharfen Messer oder der Mandoline längs in dünne Streifen schneiden.

Zucchini längs in Scheiben, dann in Streifen und schließlich in Würfel schneiden. Die harte Haut der Dicken Bohnenkerne entfernen. Bei den Tomaten den Stielansatz herausschneiden. Tomaten kurz in kochendes Wasser legen, dann eiskalt abbrausen und häuten. Kerne entfernen und das Fruchtfleisch in kleine Würfel schneiden. Fenchel erst in dünne Scheiben, dann in Würfel schneiden. Schalotte häuten und fein hacken. Basilikum fein schneiden.

Die Gemüsebouillon erhitzen. Darin das Gemüse nacheinander - außer den Tomaten und Schalotten -  al dente kochen. Mit einem Schaumlöffel herausnehmen und in einem Sieb abtropfen lassen und alles mit den Tomaten- und Schalottenwürfeln mischen. Mit Zitronensalz, Piment d'Espelette und Pfeffer kräftig abschmecken.

Ramequins mit Frischhaltefolie auskleiden. Die Spargelstreifen  ringsum am Rand entlang senkrecht aufstellen. Dann die Gemüsemischung in die Ramequins einfüllen und etwas festdrücken.

Gelatine in kaltem Wasser einweichen. Unter Rühren in der heißen Gemüsebouillon auflösen. Die Bouillon vorsichtig bis zum Rand in die Förmchen gießen. Etwas abkühlen lassen und dann über Nacht im Kühlschrank fest werden lassen.

Zum Servieren die Gemüseterrine mit Hilfe der Frischhaltefolie aus den Ramequins heben und auf Tellern anrichten.

Confierter Bacalao mit Brunnenkressecreme
4 Bacalaofilets oder frische Kabeljaufilets à 150 g
Oliivenöl nativ extra
Für die Brunnenkressecreme:
1 Bund Brunnenkresse
milde Gemüsebrühe
1-2 EL Crème Fraîche
Salz und frisch gemahlener Pfeffer
Zitronensaft
ein paar Schnittlauchhalme
Olivenöl nativ extra

Den Bacalao mindestens zwei Stunden vor der Zubereitung aus dem Kühlschrank nehmen. Das Olivenöl in einem flachen Topf oder einer tiefen Pfanne auf circa 80° C erhitzen (Temperaturprobe mit dem Thermometer) und die entsalzten und sehr gut abgetrockneten Fischfilets einlegen. Sie müssen vollständig mit Öl bedeckt sein. Bei 80° C circa 10–15 Minuten garen.

Inzwischen die Brunnenkresseblätter abzupfen. In kochender Gemüsebrühe 1 Minute blanchieren. Sofort in Eiswasser legen, damit sie ihre schöne grüne Farbe nicht verlieren. In ein Sieb schütten und etwas abtropfen lassen. Zusammen mit Gemüsebrühe, Crème Fraîche und einem guten Schuß Olivenöl mit dem Pürierstab fein pürieren. Mit Salz, ein paar Tropfen Zitronensaft und Pfeffer abschmecken.

Zum Servieren etwas von der Brunnenkressecreme in tiefe Teller füllen. Darauf die Bacalaofilets legen. Mit Schnittlauch und Brunnenkresseblättchen dekoriert servieren.
Kompott von Nisperos mit Chili und Vanilleschaum
800 g frische Nisperos (Japanische Wollmispel, Nespoli oder Loquat)
2 Orangen
1 rote Chilischote
1 Stück frische Ingwerwurzel
80 g brauner Zucker
Für den Vanilleschaum:
100 g Milch
100 g Sahne
2 Eigelb
10 g Zucker
Nisperos häuten,  entsteinen und in kleine Würfel schneiden.. Orangen auspressen. Chili längs aufschlitzen, entkernen und fein hacken. Ingwer fein reiben. Alles mit dem Zucker in einen Topf geben und die Früchte 6-8 Minuten dünsten.  Vom Herd nehmen und abkühlen lassen. Auf Portionsteller verteilen.
Für den Vanilleschaum Milch, Sahne und ausgekratzes Vanillemark samt Vanilleschote aufkochen und bei kleiner Hitze 5 Minuten köcheln. Eigelb mit dem Zucker verrühren. Ins heiße Wasserbad stellen und mit dem Schneebesen rühren, bis das Eigelb dicklich wird. Dann die heiße Vanillemilch nach und nach zugießen und mit dem Holzspatel oder besser noch mit einem Silikon Teigschaber über dem Wasserbad zur Rose abziehen. D.h. mit dem Spatel in der Schüssel die Masse immer wieder gegen den Rand schieben. Aber immer alles schön in Bewegung halten, sonst gerinnt sie. Taucht man einen Kochlöffel in die Masse und bläst drauf und es bildet sich eine Rose, dann ist die Vanillecreme fertig. 

Unmittelbar vor dem Servieren noch schaumig aufschlagen und über den Chili-Nisperokompott geben.


Mittwoch, 15. April 2015

Soleier: Ein Klassiker vom Kneipentresen

Soleier sind für mich eine ganz frühe Kindheitserinnerung. Damals stand auf jedem Kneipentresen das obligatorische Glas mit Soleiern. Dabei mochte ich sie nicht einmal so besonders. Die Schale war ziemlich weich. Der Geruch, besonders wenn die Eier schon einige Tage  herumstanden, zog mich auch nicht an. Ganz anders war es mit den Soleiern, die meine Großmutter angesetzt hatte. Die rochen und schmeckten gut. Vielleicht weil meine Großmutter den Sud noch Gewürzen und Kräutern anreicherte. Die Eier schmeckten nicht einfach nur salzig, sondern schön würzig..
In Berlin, im Rheinland und in Hessen befanden sich die Soleier oft in einer rundum verglasten, mehrstöckigen, gekühlten Vitrine, dem sogenannten Hungerturm. Darin waren neben Soleiern noch andere kleine, deftige Gerichte wie Frikadellen, Schmalzbrote, Sülzen, Rollmöpse oder Mettwürstchen zu finden. Die scherzhafte Bezeichnung Hungerturm geht auf die Gefängnisbauten von Burgen und Stadtmauern zurück, in der vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit Verurteilte bei Wasser und Brot eingesperrt waren. Der Berliner Maler Heinrich Zille zeichnete in seinen Berliner Kneipenszenen oft diese Vitrinen.

Zilles Hungerturm
Das Essen der Soleier  wird regelrecht zelebriert, denn man ißt sie nicht einfach so aus dem Glas. Vorher werden sie quasi getunt. Dazu braucht man Essig, Öl, Pfeffer, Salz und Senf und je nach Geschmack auch Worcestersauce oder Maggi. Das Ei wird nach dem Schälen längs oder quer halbiert. Dann hebt man mit dem Messer den Dotter vorsichtig heraus. In die Mulde werden Essig und Öl geträufelt. Nach Geschmack kann man noch etwas Worcestersauce oder Maggi dazu. Dann das halbe Eigelb mit der flachen Seite nach unten wieder aufsetzen. Dann noch ein Tupfer Senf darauf – fertig ist der perfekte kleine Imbiss.

Daß Soleier heute in Kneipen kaum noch zu finden sind, hat indirekt mit dem Rauchverbot zu tun. Als das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2008 quasi Toleranz für das Rauchen in sogenannten Einraumgaststätten forderte, ging es Soleiern, kalten Frikadellen, etc. an den Kragen. Denn das Gericht hat das Rauchen in Einraumkneipen zwar wieder erlaubt, jedoch mit der Einschränkung, daß dort keine „zubereiteten Speisen“ verabreicht werden dürfen. Damit wollten die Richter Restaurants von Kneipen abgrenzen. Wie absurd solche Urteile sein können, hat Gerhard Schoolmann in dem Blog Gastgewerbe Gedankensplitter auf herrlich satirische Weise beschrieben. Das wollte ich euch nicht vorenthalten.

Zum Glück ist das Herstellen von Soleiern in der eigenen Küche noch nicht verboten. Da meine Hühner jetzt im Frühjahr wieder eifrig legen, habe ich den Eierüberschuß ausgenutzt, um wieder einmal Soleier zuzubereiten. Das Rezept ist in etwa der Art nachempfunden, wie meine Großmutter ihre Soleier machte.
Soleier: Klassiker vom Kneipentresen
10 Eier
1 l Wasser
60 g feines Meersalz
1 TL gelbe Senfkörner
2 Lorbeerblätter
4 Pimentkörner
1 TL bunte Pfefferkörner
2-3 Gewürznelken
4 Wacholderbeeren
2-3 Zweige Bohnenkraut
1 Zweig Thymian
1 rote Zwiebel
wer will kann auch noch 1 TL Kümmel nehmen (ich wollte nicht)
50 ml Rotweinessig
eventuell ein paar braune Zwiebelschalen (wegen der Farbe)

Zwiebel häuten, halbieren und in Scheiben schneiden. Das Wasser mit Salz, Zwiebelscheiben, Kräutern und Gewürzen aufkochen. Circa 5 Minuten köcheln lassen. Dann die angepieksten Eier ins kochende Wasser legen und je nach Größe 8-10 Minuten kochen. Nicht zu lange kochen lassen, denn sonst bekommt das Eigelb einen unschönen, graugrünen Rand.

Eier herausnehmen und die Schale rundherum leicht anschlagen. Eier in ein großes Glas - am besten in ein Einweckglas -  schichten. Die Salzlake samt Inhalt über die Eier gießen. Sie müssen komplett bedeckt sein.

Die Soleier mindestens 24 Stunden (besser 2 Tage) zugedeckt an einem kühlen Ort ziehen lassen. Sie sind etwa 7-10 Tage im Kühlschrank haltbar. Zu lange sollte man die Soleier allerdings nicht aufheben. Sie werden sonst innen grau-grün und ähneln mehr und mehr den 1000-jährigen chinesischen Eiern. Außerdem: Je länger die Eier in der Sole verweilen, desto salziger werden sie.

Montag, 13. April 2015

Muscheln in Safranaspik mit Salicorne-Salat

Wilde Salicorne wächst bei mir praktisch vor der Haustür, an den örtlichen Salinen. Da kann ich das Sammeln der Salicorne mit einem schönen Spaziergang rund um die Salinen verbinden.  Die Saison der wilden Salicorne ist im südlichen Spanien spätestens im Mai zu Ende. Im Norden Frankreichs, in der Bretagne und in der Normandie, dauert die Saison bis Juni oder Juli. Alles was außerhalb dieser Zeiten auf dem Markt als Salicorne angeboten wird, stammt aus Gewächshäusern. Wie so vieles, was Trendköche entdecken und was dann Mode kommt, wird nun auch die Salicorne von Holland bis Israel im Treibhaus kultiviert. Diese künstliche gezüchtete Salicorne soll ziemlich fad schmecken. Das möchte ich mir nicht antun, denn ich bin von der unvergleichlich nach frischem Meerduft schmeckenden wilden Salicorne restlos begeistert.

Botaniker kennen Salicorne unter dem Namen Europäischer Queller (Salicornia europaea) oder Meerfenchel, Meeresbohne, Meeresspargel, Glasschmelz oder Glasschmalz bezeichnet. Wobei die Bezeichnung Meerfenchel eigentlich falsch ist. Der Meerfenchel (Crithmum maritimum) wächst zwar auch an der Küste, ist ebenfalls eßbar,  aber eine ganz andere Pflanze.
Die Salicorne ist eine Erstsiedlerin am Ufer des Meeres, eine Salzpflanze (Halophyten). Keine andere Pflanze würde da überleben, wo sie wächst. Der Salzgehalt in den Zellen der Salicorne ist höher als der des Meerwassers. Deshalb schmeckt sie so köstlich jodsalzig. Verwendet werden nur die zarten Spitzen, die im Innern noch keinen harten Faden haben.
 
Das volle Aroma der Salicorne kann sich nur dann so richtig entfalten, wenn man sie in zwei bis drei Minuten in Butter oder Olivenöl brät und dann pur ißt oder sie zu Fisch und Fleisch serviert oder Salat damit anreichert. Man kann sie auch eine Minute in viel kochendem Wasser blanchieren (unbedingt ohne Salz), sofort abgießen, in Butter oder Sahne mit ein paar Schalottenwürfeln schwenken und auf den Tisch bringen. Auch roh im Salat lässt sich die Salicorne verwenden. Eine Gourmetgemüse für Faule, das auch von ungeübten Köchen blitzschnell zubereitet werden kann.

Das Kochen der Muscheln dauerte diesmal etwas länger. Den Muschelsud musste ich zweimal zubereiten. Ob's an den Zwiebeln lag, die ich normalerweise nicht zum Kochen von Muscheln verwende? Der Sud war nicht klar und durchsichtig, sondern weißlich. Das wäre für die Optik des Aspik sicher nicht schön gewesen. Zum Glück hatte ich nur die Hälfte der Muscheln verbraucht. Im zweiten Durchgang, zu dem ich wie üblich nur etwas Olivenöl und Weißwein verwendete, blieb der Sud klar.
Muscheln in Safranaspik mit Salicorne-Salat
500 g frische Miesmuscheln
1 El Olivenöl nativ extra
1/8 l trockener Weißwein
2 Blatt Gelatine
1 Briefchen Safranfäden
Für den Salat:
1 kleine Fenchelknolle
250 g Salicorne
Olivenöl nativ extra
1 Zitrone
frisch gemahlener Pfeffer
evtl. etwas Meersalz

Die Miesmuscheln putzen. Zwiebel fein hacken. Olivenöl in einen Topf erhitzen. Wein angießen und 3-4 Minuten köcheln. Dann die geputzten Muscheln zugeben und im geschlossen Topf circa 8-10 Minuten bei starker Hitze kochen, bis sich alle Muscheln geöffnet haben.

Die Muscheln mit einem Schaumlöffel aus der Flüssigkeit heben. Aus der Schale entfernen. Die Kochflüssigkeit durch ein ganz feines Sieb in einen Topf abgießen. Gelatine in kaltem Wasser einweichen.

Die Safranfäden in einem Mörser mit ein paar Salzkörnern fein zerreiben. Kochflüssigkeit mit dem Safran kurz aufkochen. Vom Herd nehmen und die gut ausgedrückte Gelatine einrühren.

Muscheln in vier kleine Förmchen verteilen. Mit der Flüssigkeit begießen, bis die Muscheln bedeckt sind. Für mindestens 2 Stunden in den Kühlschrank stellen.
Fenchelknolle putzen und in sehr feine Streifen schneiden. Salicorne in ein Sieb geben und kurz mit kaltem Wasser abbrausen. Abtropfen lassen. Salicorne und Fenchel in eine Schüssel geben. Mit Zitronensaft und Olivenöl beträufeln und gut durchmischen. Pfeffern und eventuell etwas salzen.

Zum Servieren den Salat auf vier Teller verteilen. Die Förmchen mit den Muscheln ganz kurz in heißes Wasser tauchen und stürzen. Das Muschelaspik auf den Salat legen.

Hier gibt's noch mehr Rezpte mit Salicorne:

Samstag, 11. April 2015

Mittelmeerküche: Lammschulter aus dem Backofen mit Frühlingsgemüse

Eigentlich braucht man für eine Lammschulter aus dem Backofen kein Rezept. Das kann fast jeder freihändig. Das besondere ist nur, daß ich diese Lammschulter auf spanische Art zubereitet habe. Auf den Boden der feuerfesten Form kommt eine Lage grob geschnittener Kartoffelwürfel, Zwiebel, etliche Knoblauchzehen und ein paar frische Rosmarinzweigen. Das Lamm wird zusätzlich noch mit Knoblauch gespickt. Auf die Kartoffeln legt man die Lammschulter oder Keule. Dann gießt man circa 1/2 l kräftige Fleischbrühe an, träufelt Olivenöl, das zuvor mit Orangensalz verrührt wurde über die Lammkeule und schiebt das ganze in den Backofen.
Bei 180ºC darf das Fleisch dann circa 70-90 Minuten im Ofen backen. Die Garzeit ist so ungenau, weil es sehr aufs Fleisch ankommt. Hat man Glück und erwischt eine kleine, zarte Lammschulter, so reicht eine gute Stunde. Bei einer größeren und dickeren Lammschulter, muß man schon anderthalb Stunden rechnen, bei einer Lammkeule sogar bis zu zwei Stunden.
Am Fleisch wird auch nicht allzu viel geputzt. Klar soll der Metzger die dicksten Sehnen und harten Häutchen entfernen. Nicht aber die Fettpölsterchen auf dem Fleisch. Die schmelzen nämlich während des Backens, entlassen ihr Fett und ihren Saft ins Fleisch und machen es damit nicht nur saftiger, sondern auch besonders aromatisch. Herrlich schmackhaft sind die mitgebratenen Kartoffeln. Sie bekommen das volle Aroma des Fleischsaftes und den Duft Rosmarins mit.
Für das Frühlingsgemüse verwendete ich das, was ich auf dem Wochenmarkt fand. Bundkarotten, Zuckerschoten und grünen, spanischen Spargel.  Man kann auch Mairübchen, junge Kohlrabi und - warum nicht - jungen Spitzkohl -  verwenden. Da ich das Frühlingsgemüse getrennt nach Sorten in mehreren Pfannen garte, war mein Herd diesmal voll ausgelastet.

Lammschulter aus dem Backofen mit Frühlingsgemüse
1 Lammschulter (1,2 - 1,4 kg, reicht für 2-3 Personen)
3-4 Zweige Rosmarin
1 rote Zwiebel oder 6 Schalotten
6 violette Knoblauchzehen
4-6 Kartoffeln
4 Karotten
2-3 Stückchen getrocknete Orangenschale
circa 1/4 l Lammfond oder Fleischbrühe
1/8 l Weißwein
3-4 EL Olivenöl nativ extra
Orangensalz
frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
Für das Frühlingsgemüse:
250 g grüner Spargel
250 g Zuckerschoten
6 Karotten
1/2 TL Korianderkörner
1 EL mildes Olivenöl nativ extra
2 TL Butter
Meersalz

Zwei Knoblauchzehen häuten und in Stifte schneiden. Mit einem spitzen Messer kleine Einschnitte in die Lammschulter machen. Die Knoblauchstifte in diese Einschnitte schieben. Die Kartoffeln schälen und in grobe Würfel schneiden. Karotten schaben, halbieren und längs vierteln. Zwiebel häuten und längs in Streifen schneiden. Die restlichen Knoblauchzehen häuten und in Scheiben schneiden. Olivenöl mit Orangensalz und frisch gemahlenem Pfeffer verrühren. Fleischbrühe mit dem Weißwein erhitzen.

Den Backofen auf 180ºC vorheizen. Auf den Boden einer feuerfesten Form die Kartoffelstücke, Zwiebel, Knoblauchzehen und ein paar frische Rosmarinzweige sowie die getrocknete Orangenschale verteilen. Darauf die Lammschulter legen. Dann gießt man die Fleischbrühe und den Wein an, träufelt Olivenöl über die Lammschulter und schiebt die Form in den Backofen. Bei 180ºC darf das Fleisch dann circa 70-90 Minuten im Ofen backen.

Während die Lammkeule im Ofen gart, das Frühlingsgemüse zubereiten. Karotten schaben, quer halbieren und dann längs vierteln. Bei den Zuckerschoten eventuelle Fäden abziehen. Die harten Enden des Spargels abbrechen. Korianderkörner im Mörser fein zerstoßen.

Da die Karotten die längste Garzeit haben, werden sie zuerst zubereitet. In einer Pfanne 1 TL Butter schmelzen. Die Karottenstücke mit dem zerstoßenen Korianderkörnern in der heißen Butter bei schwacher Hitze circa 10-15 Minuten sanft garen. Zum Schluß leicht salzen.

Für den grünen Spargel Olivenöl in einer zweiten Pfanne erhitzen. Den Spargel bei schwacher Hitze im heißen Öl circa 8-10 Minuten braten. Zum Schluß leicht salzen.

Für die Zuckerschoten in einer dritten Pfanne die restliche Butter erhitzen. Die zarten Schoten in der heißen Butter 4-5 Minuten schwenken. Zum Schluß leicht salzen.

Die Lammschulter aus dem Ofen holen. Das Fleisch in dicken Scheiben vom Knochen schneiden. Auf vorgewärmten Tellern zusammen mit dem Frühlingsgemüse und den Kartoffeln anrichten.





Freitag, 10. April 2015

Tapa Nr. 68 : Katalanische Blutwurst mit Gelée de Piment d'Espelette und Schalotten

Im Gourmetblog Chezuli von Bernd Labetzsch sah ich das Foto einer Tapa, die er im Restaurante Espai Kru in Barcelona gegessen hatte. Barcelonesische Morcilla (mit Reis gefüllt), Ingwermarmelade und Schalotten, nennt Bern diese Tapa. Das reizte mich sogleich zum Nachmachen.  Einfacher geht es ja kaum. Da ich aber keine Ingwermarmelade im Hause hatte - und wegen ein paar Blutwurstscheiben keine herstellen wollte- verwendete ich das Gelée de Piment d'Espelette, das ich mir von meinem kürzlichen Frankreichurlaub mitgebracht hatte. Die Kombination von Blutwurst und dem süßlich-pikanten Gelée ist genial.
Morcilla de Burgos mit Reis
 Nicht ganz einverstanden bin ich mit der Definition "barcelonesische Morcilla mit Reis gefüllt". Die Katalanen nennen ihre "Morcilla" Butifarra oder Botifarra und füllen sie nicht mit Reis, sondern mit Zwiebeln. Morcilla, mit Reis gefüllt, ist eine Spezialität aus dem nordspanischen Burgos. Morcilla und Butifarra ist nicht das gleiche. Eine Morcilla de arroz ist eine Blutwurst, die aus Schweineblut zubereitet wird, der Reis oder Zwiebel, Pinienkerne oder Semmelbrösel und Gewürze, vorzugsweise Pfeffer und Paprika, zugefügt werden. Die Morcilla de arroz muß sosa, grasosa y picosa (salzig, fettig und pikant ) sein. Sie ist keine katalanische, sondern eine burgalesische Spezialität. Morcilla ißt man eher gekocht, gegrillt oder gebraten.

Katalanische Butifarra negra
Die Butifarra ist eine katalanische Wurst die aus Schweinefleisch zubereitet wird, dem Schweineblut zugefügt wird (butifarra negra), Innereien und Gewürze, aber gelegentlich auch Ei, Pilze, Käse, etc. Mit anderen Worten, die Morcilla enthält kein Fleisch, die Butifarra schon. Katalanische Butifarras können auch weiß oder rot sein, wenn ihnen kein Schweineblut zugefügt wurde. Nicht daß man in Barcelona keine Morcilla de arroz aus Burgos kaufen könnte. Doch sie ist keine katalanische Spezialität. Und was ihre Spezialitäten anbelangt, sind die Katalanen sehr eigen. Außderdem sagen die Katalanen Butifarra negra, cuando más grande mejor ( Butifarra, je größer desto besser). Butifarra negra ißt man meistens roh als Tapa, d.h. ungekocht, kann sie aber auch als Zutat zu Eintöpfen, Reisgerichten oder gebraten verwenden.

Tapa Nr.68:  Katalanische Blutwurst mit Gelée de Piment d'Espelette und Schalotten
100 g Blutwurst (Butifarra oder luftgetrocknete Blutwurst) in Scheiben
1 Glas Gelée de Piment d'Espelette (oder Chiligelée)
1-2 Schalotten
1 frische, rote Chilischote

Schalotten längs halbieren und häuten. Dann in feine Streifen schneiden. Von der Chilischote so viele dünne Ringe abschneiden wie Blutwurstscheiben vorhanden sind. Die Kerne entfernen.

Die Blutwurstscheiben enthäuten und auf Teller verteilen. Mit je einem Klacks Gelée de Piment d'Espelette beträufeln.  Die Schalotten darüber verteilen und mit je einem Chilischotenring belegen.

Mittwoch, 8. April 2015

Gewürze in meiner Küche: Safran


Safran ist das teuerste Gewürz der Welt. Wegen seiner Kostbarkeit wird Safran auch rotes Gold genannt. Safran war immer schon teurer als Gold, im Mittelalter zwei- bis dreimal teurer. Im Altertum war Safran hochgeschätzt als Medizin, Gewürz, Schönheits- und Färbemittel.
Safran ist eine Krokusart, die im Herbst blüht. Aus den fliederfarbenen Blüten wird das Gewürz Safran gewonnen. Jede Blüte enthält einen sich in drei Narben verzweigenden Griffel. Nur diese süß-aromatisch duftenden Stempelfäden werden getrocknet als Gewürz verwendet. Angebaut wird Safran heute in Europa vor allem in Spanien, aber auch in Südfrankreich und Italien, außerhalb von Europa im Iran und in Kaschmir.
Wohlriechende Safranblüten ohne Narben
Spanien und der Iran sind die größten Safranproduzenten. Sie bringen mehr als 80% der Welternte ein. Die gesamte Jahresproduktion von Safran beträgt rund 250-300 Tonnen. Der Name Safran stammt von az-za'faran, dem arabischen Wort für Gelb. Die Mauren brachten ihn im 9. Jahrhundert während des Kalifats von Córdoba aus dem Orient mit und verbreiteten ihn dann von Andalusien aus über Europa.

Im Altertum schätzte man Safran hoch ein. Die Königin aller Pflanzen wurde als Medizin, Gewürz und Färbemittel verwendet. Vor 3.500 Jahren wurde Safran erstmals schriftlich erwähnt. Auf einem altägyptischen Papyrus sind über 30 Safranrezepte für medizinische Zwecke beschrieben. König Salomon lobte Safran in seinen Liedern, griechische und römische Poeten in ihren Versen. Göttervater Zeus pflegte in einem Safranbett zu schlafen. Die Griechen streuten Safranpulver in ihre Tempel und Paläste, und sie füllten die Kissen der Gäste mit den wohlriechenden Blüten. Bei den Frauen der alten Griechen waren mit Safran gefärbte Gewänder sehr begehrt. Die Römer streuten Safranfäden auf ihre Hochzeitsbetten. Marc Aurel badete in Safranwasser, weil es die Haut verschönen und angeblich die Manneskraft stärken soll. In römischen Theatern wurde Wasser mit Safran über die Zuschauer gesprüht zur Erfrischung und Parfümierung.

Safran wurde auch unter den Mauren in Andalusien sehr geschätzt, obwohl der maurische Arzt Avenzoar noch im 12. Jahrhundert der Meinung war, daß der Safran mit Fisch kombiniert das Gehirn mit schädlichen Dämpfen füllt. Das hinderte die maurischen Köche nicht daran, Fisch, Fleisch, Wild, Suppen, Eintöpfe und Süßspeisen großzügig mit Safran zu würzen. Vielleicht weil sie Safran aphrodisierende Wirkung zuschrieben. In Südspanien legt man die Blüten auch heute noch als Duftspender in Schränke und Schubladen.
Gemeinfreies Foto von Wikipedia
Safran ist auch das meistkopierte, d.h. gefälschte Gewürz der Welt, denn wie alles, was kostbar und teuer ist, weckt auch Safran Begierde. Schon im Altertums klagte man über Fälschungen. Der römische Geschichtsschreiber Plinius schrieb: „Nichts wird so sehr verfälscht wie Safran". Auch im Mittelalter war Safran ein kostbares Gewürz, und man wachte sehr über die Echtheit und Unverfälschtheit des Safrans. Zur Bekämpfung der Fälscher wurden Safranschauer bestellt, die schwer bewaffnet waren. Allein in Venedig waren es um die 1.500 Wächter. Drakonische Strafen wurden gegen sogenannte Safranschmierer verhängt: Das reichte vom Hände abhacken und bis zur Todesstrafe.
Gefälscht wurde Safranpulver mit Mennige oder Zinnober, Kalk und Gips und gefärbtem Stärkepulver. Safranfäden wurden gern mit Rindfleischfasern verfälscht oder - wie heute oft noch - mit minderwertigem Safranersatz oder – Beigaben wie Saflor, auch Färber- oder Öldistel genannt, zerriebener Gelbwurz (Curcuma) oder fein geschnittenen Ringelblumenblüten.

Das wichtigste europäische Safrananbaugebiet ist die spanische Region Castilla La Mancha, die Heimat Don Quijotes. Der Safran aus der La Mancha Azafrán de La Mancha con Denominación de Origen soll der beste sein.
In Frankreich sind die Region Quercy vor allem die Täler des Lot und des Célé sowie die Region Rouergue und das Périgord Noir berühmt für ihren Safran. Besser gesagt wieder...denn die Safranproduktion lag für fast 300 Jahre brach. Den Safran brachten vermutlich die Kreuzfahrer im 11. Jahrhundert von den Mauren mit nach Quercy. Dort wurde von Beginn des 13. Jahrhunderts an vor allem für den persönlichen Gebrauch kultiviert. Im Jahr 1589 befahl der französische König Henri III. die Veranstaltung von vier jährlichen speziellen Safranmessen sowie eines vierzehntägigen Safranmarkts in Albas im Departement Lot. Nach einer intensiven Safranproduktion vom 15. bis 18. Jahrhundert, wurde diese nach der französischen Revolution fast ganz eingestellt. Lediglich in privaten Gärten fand man noch vereinzelte Safranpflanzen. Der Safrananbau lebte erst wieder auf, als Safranliebhaber 1973 an der Mühle von Larnagol eine Handvoll Safranzwiebeln pflanzten und das Dorf damit versorgten. Heute wachsen um diese Safranière mehr als 30.000 Safranpflanzen. Im Jahr 1998 feierte man in Carjac das erste Safranfest Fête du safran, das seither alljährlich Ende Oktober nach der Ernte begangen wird. 2006 wurde die SARL Safran du Quercy, Safrangenossenschaft, gegründet, die den Safran du Quercy vertreibt.
Einen winzigen Anteil an der Welt-Produktion von Safran hat auch das 550-Seelen-Dorf Mund im Oberwallis. Dort liegt die jährliche Ausbeute an Safran bei rund zwei Kilo, aber immerhin ein Walliser Safran, der sich seit 2004 mit dem AOC-Label schmücken darf und eine Safranzunft ihr eigen nennt. Auf einem Hochplateau auf 1200 Metern über Meer, wird seit dem 14. Jahrhundert Safran angebaut.

An der Art, Safran zu ernten, hat sich in den vergangenen 3.000 Jahren nichts geändert. Viel Handarbeit ist bei der Kultivierung der lila blühenden Pflanze Crocus Sativus zu erledigen. Sie macht den Safran so kostbar und teuer. Im Juli werden die Knollen von Hand gesetzt und Ende Oktober, wenn die Safranfelder von Blüten übersät sind, wird von Hand geerntet. Safran blüht nur einmal im Jahr im Herbst und das nur für knapp zwei Wochen.
Frische Safranfäden (eigene Ernte)
Im Morgengrauen ziehen die Safranpflückerinnen aufs Feld, denn bis zehn Uhr ist die beste Pflückzeit. Bei circa 80 Blüten pro Quadratmeter ergibt ein 5.000 Quadratmeter großer Acker maximal drei Kilogramm Safran. 150.000 bis 200.000 Safranfäden (Narben) müssen von Hand mit viel Fingerspitzengefühl aus der abgeschnittenen Blüte gezupft werden, um ein Kilogramm frischen Safran zu erhalten. Für ein Gramm Safran benötigt man mindestens 120 Blüten. Ein Pflücker schafft 60 bis 80 Gramm am Tag. Nur diese roten, süß-aromatisch duftenden Safranfäden werden getrocknet als Gewürz verwendet. Durch das sanfte Trocknen über Holzkohle oder heute auch Gasfeuer, verlieren sie bis zu vier Fünftel ihres Gewichts. D.h. aus jedem Kilogramm frischer Stempelfäden erhält man 200-250 g Safran.
Getrocknete Safranfäden (eigene Ernte)
Safran enthält Carotinoide, vor allem wasserlösliches Crocin, die dafür verantwortlich sind, daß mit Safran gewürzte Speisen sich intensiv goldgelb färben. Die leicht flüchtige Substanz Safranal ist verantwortlich für den kräftigen, aromatischen Duft und der Bitterstoff  Picrocrocin erzeugt den bitter-süßen, rauchigen, erdigen Geschmack. Echter Safran wird in diversen Qualitäten angeboten: Spanischer Mancha, Spanischer Coupé, Iranischer Poshai, Iranischer Sargol und Kaschmir Coupé. Die Zusatzbezeichnungen Sargol und Coupé weisen auf die edelsten Sorten bzw. höchste Qualität hin. Diese Safranfäden sind flammend feurrot bis weinrot und enthalten so gut wie keinen gelben Anteil. Anhand der in Spanien eingeführten Untersuchungsmethode ISO 3632-2 werden die Safranfäden nach ihrem Crocin-, Safranal- und Picrocrocingehalt in verschiedene Qualitätskategorien eingeteilt. Für den Safranal wird ein Gehalt von 20 sowie für Picrocrocin ein Gehalt von 70 als Minimum für alle Qualitätskategorien verlangt. Safran Coupé hat einen Crocingehalt von circa 190-200, einen Safranalgehalt von circa 20 und einen Picrocrocingehalt von circa 70.
Noch ein Tipp:
Woran erkennt man echten Safran? Echter Safran ist auch in den Erzeugerländern teuer. Man sollte sich nicht von Schnäppchenangeboten verführen lassen. Beim Zerreiben färben echte Safranfäden die Finger intensiv gelb. Außerdem hat Safran einen markanten, warmen, bitter-aromatischen Duft, der einen beim Öffnen der Verpackung sofort betört.
Man sollte Safranfäden den Vorzug geben. Diese bewahren ihr Aroma länger. Zudem sind sie nicht so einfach zu imitieren wie Safranpulver, das leichter mit billigen Zutaten gestreckt werden kann. Zur Erhaltung des Aromas sollte Safran in einem dunklen, fest verschlossenen Gefäß aufbewahrt werden. So können Safranfäden ihr Aroma  zwei bis drei Jahre behalten. Sofern man ihn nicht vorher verbraucht.

Legen Sie einen Safranfaden in lauwarmes Wasser. Wenn er dieses intensiv rotgelb färbt und das Wasser wunderbar würzig duftet, ist es echter Safran. Safran hat eine starke Farbkraft: Von 0,01 Gramm Safran werden noch drei Liter Wasser gelb gefärbt. 
Aufgelöste Safranfäden
Oder man zerstampft bzw. zerreibt die Safranfäden mit ein paar Zucker- oder Salzkristallen in einem schweren Mörser. Ich nehme dafür meinen Messingmörser. So kommt man in den vollen Genuß des Duftes, des Geschmacks und der herrlichen Farbe des Safrans, ohne allzuviel von dem kostbaren Gewürz verwenden zu müssen. Den Mörser spült man dann mit etwas Wasser aus, um auch noch das letzte bißchen Safran nutzen zu können. Safranfäden entfalten ihren Geschmack nur in warmen Speisen. Doch Vorsicht! Wer Safran in direkt in heißes Fett gibt, zerstört ihr Aroma.
Safrankaninchen oder Kaninchen à la Bouillabaisse
1 ganzes Kaninchen von ca. 1,4 kg
2 Briefchen Safranfäden
4 Zweige Thymian
Schwarzer Pfeffer aus der Mühle
1 Knoblauchknolle
3 Lorbeerblätter
8 EL mildes Olivenöl nativ extra der Sorte Arbequina oder Koroneiki
Meersalz
2 weiße Zwiebeln
1-2 Fenchelknollen
1 TL Fenchelsamen
5 Zweige glatte Petersilie
750 g Kartoffeln
½ l Geflügelfond oder Geflügelbrühe
¼ l trockener Weißwein
1 Gläschen Pernod oder Pastis
2-3 Zweige Zimtbasilikum

Kaninchen in 6-8 Stücke zerteilen. Ein Briefchen Safranfäden mit ein par Körnchen Salz im Mörser fein zerreiben. Dann mit 6 EL Olivenöl, den abgestreiften Thymianblättchen, Pfeffer, den angeknickten Lorbeerblättern, einer Prise Salz und zwei fein gehackten Knoblauchzehen mischen. Die Kaninchenstücke in diese Marinade legen und über Nacht in den Kühlschrank stellen.

Am nächsten Tag das Kaninchen aus der Marinade nehmen. Das restliche Olivenöl in einem Schmortopf erhitzen. Die Kaninchenstücke im heißen Öl rundum anbraten. Fleischtücke herausnehmen

Backofen auf 190ºC vorheizen.
Kartoffel schälen und in Scheiben schneiden. Fenchel putzen und längs in Streifen schneiden. Zwiebel häuten und in Streifen schneiden. Restliche Knoblauchzehen mit einem schweren Messer leicht quetschen.

Fenchel und Zwiebel im Bratfett kurz schwenken. Fenchelsamen, Petersilie und den restliche, in etwas Wasser aufgelöste Safranfäden (samt Wasser) zufügen. Vom Herd nehmen. Gemüse und Knoblauchzehen in eine große Auflaufform legen. Fleischstücke darauf verteilen. Mit den Kartoffelscheiben bedecken.

Bratensatz mit Weißwein loskochen und über das Kaninchen gießen. Die Hälfte des Geflügelfonds und den Pernod zugießen. Form mit Alufolie verschließen und im vorgeheizten Backofen bei 190ºC gut 30 Min. braten. Dann die Folie abnehmen, eventuell noch etwas heißen Geflügelfond angießen und weitere 10-15 Min. garen.
Mit klein geschnittenem Zimtbasilikum bestreut in der Form servieren. 

Und hier noch mehr Rezepte mit Safran:

Französische Brotsuppe mit Safran - Potage Mourtaïrol

Blumenkohl mit Safran nach Yotam Ottolenghi

Tapa Nr.46: Muscheln in Safransauce 

Safran-Olivenöl-Eis mit Kiwimark

Frittierte Auberginenscheiben in Safranteig mit Honigsauce - Berenjenas Mozarabes 

Wenn Kochen Männersache ist: Paella Valenciana

Valencianische Spitzkohlrouladen mit Safran

Safrancreme, ein luftiges Dessert mit betörendem Duft

Mittwoch, 1. April 2015

Sauerkrautsuppe nach Joseph Anton Haller

Die einfachsten Gerichte mit ganz wenigen, aber erstklassigen Zutaten, schmecken oft am besten. In dem Kochbuch Und rührs ein pahr Vatter Unßer lang von Cornelia und Franz Haller, fand ich eine Sauerkrautsuppe, die an Einfachheit nicht mehr zu übertreffen ist. Die Suppe kommt im Prinzip mit drei Zutaten und einigen Gewürzen aus und schmeckt wunderbar.
Da ja dem Vernehmen und der Wetterkarte nach das Frühlingswetter, das in Deutschland kurzfristig herrschte, wieder von einem wahren Wintereinbruch abgelöst wurde, kommt dieses Süppchen gerade richtig. Sie wärmt Leib und Seele.
Ideal ist es, wenn man für diese Suppe rohes Sauerkraut mit lebenden Milchsäurebakterien direkt aus dem Fass oder im Beutel verpackt verwendet. Sterilisiertes Sauerkraut in Dosen oder im Glas enthält keine lebenden Milchsäurekeime mehr und schmeckt auch nicht besonders gut. Frischkraut ist knackiger, hat mehr Biss. Außerdem schmeckt es einzigartig. Für die Schwaben unter meinen Lesern, kommt da das berühmte Filderkraut in Frage.
Wer möchte, kann rohe oder geräucherte Würstchen in Scheiben geschnitten zur Sauerkrautsuppe geben. Ich finde, daß es nicht unbedingt sein muß, denn die Suppe ist auch ohne Fleischzugabe ausgezeichnet. Ein Stück kräftiges Bauernbrot dazu tut's auch.
Sauerkrautsuppe nach Joseph Anton Haller
250 g  bestes, rohes Sauerkraut
1 kleine Zwiebel
30 g Butter
3/4 l Wasser
Salz
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
1 Lorbeerblatt
2 EL Kümmel
2 EL Wacholderbeeren
100 ml Sauerrahm oder Crème Fraîche
ein paar Stengel glatte Petersilie

Die Zwiebel häuten und fein hacken. Das Sauerkraut klein schneiden. Die Butter in einem Topf zerlassen. Zwiebel in der heißen Butter bei schwacher Hitze anschwitzen. Das Kraut hinzufügen und kurz mitrösten.  Das Wasser aufgießen, salzen und pfeffern. Lorbeer, Kümmel und Wacholderbeeren zugeben. Zugedeckt circa 45 Minuten köcheln lassen.

Vor dem Servieren den Sauerrahm verquirlen und in die Suppe einrühren. Kurz erhitzen, aber nicht mehr kochen. Mit gehackter Petersilie bestreuen.

Wer möchte, kann rohe oder geräucherte Würstchen in Scheiben geschnitten zur Sauerkrautsuppe geben.